Seit ihren Anfängen in den späten 80er-Jahren demonstrieren Saint Etienne die ungebrochene Integrationskraft des Pop. Und auch mit ihrem neuen Album Finisterre belohnen Sarah Cracknell, Bob Stanley und Peter Wiggs ihre Fans genau in dieser Tradition: Saint Etienne sind mit einer großen Plattenkiste ans Ende der Welt gereist, um dort in aller Ruhe ihre eigentümliche Alchemie daran auszuprobieren -- wurde ja auch Zeit. Wie es sich gehört findet man auch auf der sechsten … mehrStudioplatte des Trios vieles, was entweder schon länger outdatet ist oder was bisher eher abseits des Mainstreams zu Hause war. Dennoch verschmelzen Saint Etienne ihre Fundstücke mit den eigenen Einfällen zu einer erstaunlich homogenen Mischung -- nicht zuletzt, weil die ganze Konzeption des Albums auf eine solide Basis gestellt wurde. Klassische Dance-Beats bilden das Gerüst, auf das die drei abwechslungsreich und gekonnt ihren Sound auftragen. Dabei wird auch die dominierende Stellung von Saint Etienne im eher "intellektuellen Pop" deutlich. Hier klingt jemand deutlich filigraner und überlegter als etwa die Kollegen von Morcheeba und zeigt gleichzeitig, dass mittlerweile erfolgreiche Elektro-Frickler wie The Notwist auch hier zur Schule gegangen sein könnten. Hinter der am Anfang starr erscheinenden Fassade gleichförmiger Beats werden ausgeklügelt arrangierte Elektro-Elemente hörbar. Und über allem schwebt die Stimme von Sarah Cracknell, die den Songs eine schon fast klerikale Aura verleiht. Als hätte sie den frech-mädchenhaften Klang von Alice Nutter (Chumbawamba) mit der hybrid-unschuldigen Stimme von Cardigans-Sängerin Nina Persson verschmolzen und erst mal ein paar Jahre reifen lassen. Was bei so viel Qualität herauskommt, ist ganz klar: äußerst hörbarer Pop -- wenn auch nicht von der modernsten Sorte -- aber sonst wär es ja schon wieder Avantgarde. Und genau diese Unterscheidung ist bei Saint Etienne schwer zu machen: Pop oder doch Avantgarde? Weil sich die drei mit eher gewissenhaft als mitreißend gemischten Songs wie "Soft Like Me" so redlich bemühen, den reinen Pop zu erzeugen wird die Scheibe vielleicht nicht alle erreichen oder -- wie einst zahlreiche Singles von Saint Etienne -- die Clubs erobern. Doch jeder, der sich vor der Effekthascherei topaktueller Hitparadennummern fürchtet, kann diese Metapop-Platte beruhigt kaufen. Saint Etienne führen uns zwar nicht ans Ende der Welt, aber immerhin ans Ende des Sommers: Mit der melancholischen Fügung der meisten Tracks könnte Finisterre für den Herbst werden, was Morcheebas Charango für den Sommer war: ein gar nicht so geheimer Geheimtipp -- recht nah am Puls des Mainstreams. --Ralph Bücheler weniger
CD 1
01 - Action
02 - Amateur
03 - Language Lab
04 - Soft Like Me… mehr
05 - Summerisle
06 - Stop And Think It Over
07 - Shower Scene
08 - The Way We Live Now
09 - New Thing
10 - B 92
11 - The More You Know
12 - Finisterre weniger