Als älterer Familientherapeut erschüttern mich immer wieder Begegnungen mit jungen Menschen, die jahrelang keine oder eine mangelhafte Erziehung mitbekommen haben und so später im Leben nur wenig Chancen erhalten. Eine schlimme Sache, denn: Verpasste Erziehung kann man nicht einfach nachholen.
Mit diesem Buch versuche ich, dem etwas entgegenzusetzen. In der Hoffnung, dass meine Anregungen bedrängten Eltern eine Hilfe sein mögen. Erziehen ist schwieriger geworden.… mehr
Glücklicherweise haben immer noch viele junge Menschen den Mut, Kinder in die Welt zu setzen. Das ist gut so. Auch gegen die spontane Art der Eltern, mit ihren Kindern Nähe zu leben und viel zu kuscheln, ist nichts einzuwenden. Aber trotz allem braucht es neben Liebe und Zuwendung das, was wir Erziehung nennen.
Weil Erziehung ein weites Feld ist, möchte ich mich auf die mir momentan wichtigen Themen konzentrieren. Einiges soll handfest sein und praktisch anregen, um im Erziehungsalltag eine paar Dinge zu beachten und möglichst auch zu ändern.
Viele Kinder von heute geraten in Not, weil sie in zu unverbindlichen Umständen aufwachsen oder durch die mediale Überreizung irritiert werden und überfordert sind. Viele von ihnen werden dadurch aggressiv oder anderswie auffällig.
Aber sind es nicht wir Erwachsene, die ihnen diese Welt vermitteln?
Ein Teil dieses Buches ist den Politikerinnen und Politikern gewidmet: Wir haben nun schon in den grossen Städten bereits zehn Prozent, und es werden immer mehr Jugendliche, die direkt in die Fürsorge abrutschen. Nicht zuletzt deshalb, weil sie keine brauchbare Erziehung mitbekommen haben. Entweder sind sie verwahrlost und zu einer Art moderner Strassenkinder verkommen, weil die Eltern sich einen Deut um sie kümmern und nur noch mit sich selbst beschäftigt sind. Oder aber es sind Töchter und Söhne, die so sehr verwöhnt und verhätschelt wurden, dass sie ihre Lebenstüchtigkeit nicht aufbauen konnten.
Bedrohlich auch, wie viele Eltern ihre Autorität verlieren und heute Angst vor dem eigenen Nachwuchs haben. Folglich können sie gar nicht mehr das fordern, was sie möchten und was eigentlich richtig wäre. Kein Wunder, dass diese grenzüberschreitenden Kinder dann zuerst in den Familien und später auch anderswo Grenzen und Regeln nicht beachten. Mag sein, dass ich ab und zu ein bisschen übertreibe und dass nicht all meine gesellschaftlichen Vorschläge sofort umzusetzen sind. Aber wir sollten unserem höchsten Gut, unserer Jugend, eine brauchbare Erziehung schenken und miteinander Neues wagen, denn viele unserer Kinder sind ernsthaft bedroht! Eltern und Kinder müssen einander wieder trauen und vertrauen können. Diese fundamentale Lebenserfahrung ist später entscheidend für alle weiteren Beziehungen. weniger