Margit Schreiners Heißt lieben erscheint als letzter Teil einer Trilogie der Trennungen. Und was Heißt lieben? "Lieben heißt warten und warten heißt sterben", antwortet die Autorin. Wiederum drei Teile umfasst ihr neues Buch: Tod, Hochzeit und eine Geburt -- als elementare Stationen eines Menschenlebens, aber auch als Ursache und Folge "hoffnungsloser Liebesverstrickungen". Alles beginnt mit dem verfahrenen Verhältnis zwischen Mutter und Tochter. Obwohl die beiden … mehreinander lieben, kommt keine echte Nähe zu Stande. Dies liegt -- gesehen aus dem Blickwinkel der erwachsenen Tochter -- an der "Wahrnehmungsstörung" der Mutter. Mütter nehmen andere Menschen nicht wahr wie sie wirklich sind. Sie sehen nur das Bild ihrer eigenen Vorstellung vom anderen. Die Tochter als Icherzählerin führt hier das Wir im Mund und verleiht ihrer Erkenntnis Allgemeingültigkeit. Erlöst aus der verhassten Situation wird sie erst, als die todkranke Mutter die "Wahrnehmungsstörung" nicht mehr aufrecht erhalten kann. Auf die Befreiung folgt unverzüglich die nächste Verstrickung: die Begegnung mit dem Mann ihres Lebens. Das Ritual einer fremden Hochzeit gilt stellvertretend für die eigene Entscheidung, sich der großen Liebe zu unterwerfen. Am Schluss steht die minutiöse Beschreibung einer Geburt, deren körperlicher Schmerz das Gleichgewicht zum seelischen Schmerz des Todes wieder herstellt. Der ewige Kreislauf von Leben, Lieben und Sterben schließt sich. Margit Schreiner hat ein starkes Buch geschrieben. Ohne Scham öffnet sie die verborgensten Winkel ihrer Intimität. Vom anfänglichen verallgemeinernden Gebrauch des Wir fällt sie nach und nach ab, bis nur mehr die Perspektive des blanken Ich übrig bleibt. Der variierende Erzählton irritiert zwar leicht, betont aber andererseits die Heftigkeit des persönlichen Erlebens. Die Eigenart der Autorin, sowohl in der Fiktion -- wie in Haus, Frauen, Sex, dem zweiten Teil der Trilogie der Trennungen -- als auch in der Autobiografie sämtliche Bewusstseinsschichten aufzublättern bis sie auf den Kern trifft, ist auch diesmal zutiefst beeindruckend. --Beatrice Simonsen weniger